Vier drei fünf fünf

Eigentlich könnte ich ja mal nen Lautsprecher bauen, dachte ich mir neulich so. Bekanntermaßen tue ich das ja sonst kaum, also ist das doch mal eine originelle Idee.
Sarkasmus beiseite: Tatsächlich habe ich mich entschlossen, mal ein Paar Boxen nur für mich zu bauen. Also kein Klang + Ton-Projekt, sondern etwas aus ganz eigenem Antrieb. Etwas schon ziemlich Ausgefallenes, das sich ganz bestimmt nicht jeder ins Wohnzimmer zu stellen bereit ist: einen alten Studiomonitor namens JBL 4355. Das ist ein ziemlicher Koffer aus den Siebzigern mit zwei Fünfzehnzöllern pro Seite. Vier Wege. Wirkungsgrad. Gebaut als professionelles Abhörwerkzeug in den Hochzeiten von The Who, Led Zeppelin und Konsorten. Und genau dafür war’s gedacht: Diese Lautsprecher konnten ernsthaft rocken und richtig einstecken.

4355ori_556Photo courtesy: Harman international

Und sowas kann man heutzutage noch einfach so bauen? „Einfach so“ eher nicht: Die Treiber gibt’s knapp vierzig Jahre nach Markteinführung verständlicherweise nicht mehr. Weshalb man auf den Gebrauchtmarkt angewiesen ist und auf einen guten Reconing-Betrieb.
Vor den Spaß haben die Lautsprechergötter eine Menge Schweiß gesetzt und fordern ein erkleckliches Maß an Toleranz gegenüber hässlich großen Investitionen in Altmetall und in eben dieser Phase befinde ich mich gerade. Ich plane, Sie hier vom Fortgang der Dinge zu unterrichten, erwarten Sie in der näheren Zukunft also reichlich Bilder von heruntergekommenen ollen JBL-Treibern und jede Menge Flüche über die Kosten des Imports von altem Zeugs aus den USA.

22 Gedanken zu „Vier drei fünf fünf

  1. Markus S

    >Etwas schon ziemlich Ausgefallenes, das sich ganz bestimmt nicht jeder ins >Wohnzimmer zu stellen bereit ist:

    Heisst das, Du stellst Dir die Oschis tatsächlich ins Wohnzimmer? Nur mal interessehalber, wie groß ist denn da der Hörabstand?

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    1. hb Beitragsautor

      Das kommt ein bisschen darauf an, jedenfalls habe ich keine Turnhalle.
      JBL spezifiziert die Kisten aber als Monitor für kurze bis mittlere Hörabstände und nennt ein Minimum von 2,5 Metern.

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      1. Oliver Wochian

        Ich hatte mit einer 4350b oft im Freien gehört.
        Der Hörabstand muss mindestens 4-5 m betragen. Andernfalls hört man die einzelnen Komponenten heraus.
        Die Bässe müssen auch vom Boden weg. Dafür hängt man die Box an den vorgesehenen Haken verkehrt rum auf.
        In der Bedienungsanleitung wird eine Mindestraumgröße von 56 qubikmeter empfohlen.

        Um im Zimmer zu hören muss der Mitteltöner+Hochtöner OBERHALB vom 2202 montiert werden. Die Passivweiche habe ich dahingehend erst anpassen lassen bzw. später komplett neu aufbauen lassen.
        Nur so bekommt man eine gute räumliche Staffelung bei geringem Hörabstand hin.
        2 Bässe sind unter Normalbedingungen auch unnötig.
        Die el. Weiche lässt sich leidlich an den Raum anpassen. Ein modenes Lautsprechereinmess-System ist mindestens gleichwertig.

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  2. Frank

    Hallo Holger,
    so wird man auch in der Mietwohnung zum Immobilienbesitzer! Ich hoffe, Du kannst für den Transport 4 kräftige Jungs anheuern und die Schwergewichte im November nach Berlin bugsieren. Bei dem Konzept müsste etwas extrem Röhrenfreundliches herauskommen.
    Da juckt es mich in den Fingern, für die 290Hz mein aktives 2-Wege-Röhrenfilter (Subtraktionsweiche Bessel 6.Ordnung) umzubauen. Ein Kanal davon sieht dann so aus:
    http://s108.photobucket.com/user/i_should_coco/media/ETF2013/IMG_7606_800.jpg.html?sort=3&o=1
    Ein Vergleich mit dem Original-Filter wäre sicher interessant.
    Viele Grüße, Frank

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    1. hb Beitragsautor

      Hi Frank,
      stimmt, da hab ich doch schon mal mit raushängender Zunge draufgestarrt, ich erinnere mich. Prima, dann wissen wir ja schon mal, was wir beim ETF zu tun haben :-).

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  3. Hartmut

    Die wichtigste Frage zuerst: Wird der 4355 zum Frickelfest vorgeführt?

    So ein 43xx ist einfach geil. Ralph und ich hatten vor fast 20 Jahren mal ein Pärchen 4333 aus dem lokalen Anzeigenmarkt aufgetan, und ich war recht angetan. Auch Jubals sind nicht zu verachten. Dieses Zeug hat Suchtfaktor, eben weil es untenrum richtig anschiebt, und ein musikalisches Fundament aufbaut. Die spezielle Membranbauweise lässt sich höchstens noch mit den teureren TAD-Woofern vergleichen. PHL sieht da eher blass aus, denn dünne Pappe nehmen und pfundweise Dämpfungs-Schmand draufkleistern reicht halt nicht aus, auch wenn es messtechnisch Vorteile hat.

    Hartmut

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  4. hb Beitragsautor

    @JUS: Die Dreiwege-Passivweiche ist gut dokumentiert, darüber werde ich einem separaten Beitrag noch berichten. Vorgespannte Kondensatoren und symmetrischer Aufbau stehen definitiv auf der To-Do-Liste.
    @Georg: Der Bassbereich soll aktiv betrieben werden, wie beim Original. 12 dB/oct Butterworth bei 290 Hertz. Die originale JBL-Weiche (5234A) ist sicher nicht das Ende der Fahnenstange, da hab ich ein paar andere Ideen zu.

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  5. Georg

    Also das Originalschaltbild hab ich gerade vorhin mal angesehen. Ist im Prinzip einfach gemacht, die S-CCC-Variante. Aber, was wir noch klären müssten, ist der Bassbereich. Der scheint mir prinzipiell aktiv zu sein (nicht nur, dass der Mitteltöner aktiv hochpassgefiltert ist).

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  6. JUS

    Hey Holger,

    Glückwunsch, wer den Platz hat…..
    Ich bin auf einem ähnlichen Trip, ich habe mir letztens ein Pärchen JBL 4425 mit neu geconten Bässen gegönnt.
    Lautsprecherprojekte liegen seit dem auf Eis und ich höre nur noch und beschäftige mich nun mit Verstärkern 🙂
    Damals, als die Chassis noch zu haben waren, lag das weit über meinem studentischen Budget, ich hatte sie aber nie „aus den Ohren“ verloren.

    Was ist denn für die Weiche geplant? Nachbau des Originals?
    Ich kenn mich, irgendwann werd ich die Schätzchen mal aufmachen und mal schaun, was sich da noch verbessern läßt (bessere Teile, vorgespannte Weiche?).

    Ich kann den Projektfortschritt kaum erwarten!!

    Viele Grüße, JUS

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  7. Georg-Meister

    Tolle Sache, so ein großer Lautsprecher! Falls Du dazu eine Schaltungsunterlage für eine Frequenzweiche in „symmetrisch + gleichspannungsoffset“ haben möchtest, mailde Dich ! Oder wird das Teil selbst eingemessen? Auch diese neue Weiche ist schnell umgerechnet!

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    1. hb Beitragsautor

      Hi Georg,
      charge coupled + symmetrisch hatte ich in der Tat auf dem Schirm. Du hast das Schaltbild einer entsprechend modifizierten JBL 3155? Her damit ;-). Das, was ich bislang bei dir gesehen hatte war eine 3107 – andere Baustelle.

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  8. Ralf

    Schönes Projekt, Holger!

    Gefällt mir sehr gut und entspricht exakt meinen Vorstellungen. Ach ja, ich würde mir die wohl gerne ins Wohnzimmer stellen, passen prima zu meinem MARSHALL SUPER LEAD 1987. Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt, ist der übrigens Baujahr 1969.

    Gruß aus Alpen, Ralf

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  9. Lukas

    Hallo Holger.

    Solche HiFi-Archäologie Projekte verfolge ich immer sehr gerne! Vor allem, wenn sie gründlich recherchiert und gut dokumentiert sind. Und ordentliche Fotos sind uns Lesern ja gewiss.

    So aus Eigeninteresse: wieso machst Du das mit original-Treibern und nicht mit lebendigen? Ihr habt doch schon mal einen JBL-Monitor mit Arschbackenhorn nachgebaut.

    Erwartungsvollen Gruß,

    Lukas

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    1. Hannes

      Hallo holger

      Das ist ja mal ein richtiger lautsprecher : )
      Da bin ich ja direkt neidig auf dich, sowas bekomm ich leider nicht genhmigt.
      Da würd ich gern mal love reign over me von the who drüber hören.

      Grüse hannes

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