Archiv für den Monat: Mai 2011

High End 2011 – Exkursion, Teil 2

Eine kleine Warnung vor diesem Herrn. Er macht leere Versprechungen. Im vorliegenden Falle allerdings sei ihm das verziehen ;-). Andrea Vitali ist bei Blumenhofer Acoustics für Vertrieb und Marketing zuständig. Und die Jungs hatten in Halle 3 auf der High End den Protoptypen eines monströsen Vierwege-Hornsystems im Klang+Ton-Look (will sagen: Spanplatte und OSB roh) stehen. Auf Nachfrage bot Andrea an, uns am Abend kurz mal wohin zu verfrachten, wo man die Riesentrümmer hören könnte. Gesagt – getan. Die Reise ging ins Augsburger Hinterland zum, wie wir erst im Laufe der Zeit erfuhren, Firmensitz von Blumenhofers.

Es entwickelte sich ein ausgesprochen fröhlicher und interessanter Abend – nur die dicken Kisten haben wir dann doch nicht hören können…

Zu schwer, noch nicht ganz fertig, Feldspulenantriebe nicht vorgewärmt… schon klar, Andrea, du altes Schlitzohr. Mit Speck fängt man Mäuse, das wusstest du ganz genau ;-).

Das Unternehmen residiert mitten in einem Naturschutzgebiet, und das, was sie da „Showroom“ nennen ist genau das, wo ich ganz dringend einziehen muss. Da und nirgends anders. Dafür nehme ich auch das bayrische Hinterland in Kauf :-). Die von Thomas Blumenhofer höchstselbst restaurierte Immobilie ist jedenfalls so ziemlich der großartigste Ort, an dem ich je habe HiFi stehen sehen. Und wenn kein HiFi da stünde, wäre es immer noch einer  der schönsten Räume, in denen ich mich je aufgehalten habe.

Jedenfalls gab’s eine Führung durch die Blumenhofer-Fertigung, auffällig ist die große Fertigungstiefe. Die Gehäuse entstehen im Hause (bis auf das Verleimen der Furniere), die Treiber sind In Verbindung mit einem kleinen Spezialhersteller entwickelte Eigenkonstruktionen und es wird mit Wasser gekocht – womit auch sonst. Allerdings mit viel davon, mit offensichtlich reichlich vorhandenem Know How und Liebe zum Detail. Hat mir gut gefallen.

Zu hören gab’s einen im Vergleich zu dem Vierwege-Riesenmopped geradezu zierlichen Zweiwegelautsprecher mit 15″-Bass von Wolf von Langa in reflexunterstütztem Horngehäuse und einem Horn mit Druckkammertreiber obendrauf. Fragen Sie mich nicht nach dem Namen (kriege ich raus) oder dem Preis (eher unerfreulich). Jedenfalls klang’s hervorragend; sehr sauber, stimmig, verfärbungsfrei und dynamisch auf den Punkt. Das dürfte zum Einen den Lautsprechern geschuldet sein, aber sicherlich auch der vorgeschalteten Kette (italienische Transistorelektronik und Kabel, monströser CD-Player aus Singapur, neuerdings bei Blumenhofer im Vertrieb), einem sehr lecker zurechtgemachten Technics SP-15 und der herausragenden Akustik des tollen (und riesigen) Raumes.

In Teil 3 geht’s dann wieder um Sachen von der Messe selbst, so stay tuned.

High End 2011 – Betrachtungen, Teil 1

Natürlich haben Sie nicht wirklich gedacht, dass meine persönliche High End-Retrospektive mit etwas Anderem beginnen würde als dem Auftritt von Silbatone Acoustics. Und natürlich haben Sie damit völlig Recht. In diesem Jahr führten die Koreaner nicht nur wieder ein spektakuläres Kinosystem aus der Frühzeit der Reproduktionstechnik (konkret: ein Western Electric 16B von 1928) vor, sondern auch einen gewissermaßen modernen Lautsprecher aus dem GIP Laboratory. Im Übrigen war das der erste Messeauftritt überhaupt des (ich glaube japanischen) Unternehmens.

Ja, ja, Sie wollen was über das WE-Horn erfahren. Das 16B ist die weniger bekannte Variante der 16er Baureihe mit zwei Druckkammertreibern an jedem Hornhals. Das WE 16A, in letzter Zeit öfter ein Thema in HiFi-Kreisen, kommt mit einem Treiber pro Seite aus.

Es handelt sich um in gefaltetes Blechhorn mit relativ geringer Bautiefe, kam es ursprünglich doch hinter einer Kinoleinwand zum Einsatz. Obschon einteilig, erlaubt die Konstruktion echte Stereowiedergabe. Von Resonanzarmut kann keine Rede sein, wie Mr. Chang (der Chef der koreanischen Delegation) per Holzhammer immer wieder gerne unter Beweis stellte. Und wer der Meinung ist, dass so etwas doch unanhörbar sein müsste, der hätte sich an den ersten Messetagen durchaus in seiner Meinung bestärkt gesehen. Es hat nämlich etwas gedauert, bis das Setup rund um die alte Dame so stimmte, dass von Musikgenuss die Rede sein konnte. Schlussendlich aber hat’s sehr beeindruckend gespielt und wusste mit vollkommen HiFi-untypischer, extrem trockener und ansatzloser Wiedergabe zu begeistern. Sicher nicht das verfärbungärmste System aller Zeiten, aber der absolut überzeugende Live-Charakter des Systems war phantastisch. Das WE-Horn wurde hier von einem potenten Subwoofer mit vier Altec-Fünfzehnzöllern (515B) in Compound-Anordnung unterstützt, denn so ganz tief kann das Blechmonster denn auch nicht. Oben herum gilt Ähnliches: Für richtige Fullrange-Wiedergabe braucht’s zusätzliche Hochtöner, und die gab’s hier auch.

Interessanterweise spielte das gewaltige GIP-System so viel anders gar nicht; die zwei Achtzehner pro Seite machten ihre Sache unten herum vielleicht noch etwas müheloser, der Charakter war aber derselbe wie beim 83-jährigen Star der Messe: extrem locker, detailliert und entschlackt. Wenn ich mich entscheiden müsste, welchen Aufbau (den erforderlichen Ballsaal vorausgesetzt) ich den lieber beherbergen würde – die Entscheidung fiele nicht leicht.

Wie zu erwarten, war die riesige Silbatone-Demo denn auch ständig von der gesamten Hardcore-HiFi-Welt bevölkert. Die Berliner Plattenspieler- und Tonarm-Spezialisten Frank Schröder und Thomas Schick steuerten je ein Analog-Setup zum Gelingen des Ganzen bei (Digitales kam von einem ziemlich ernsten Stapel DCS-Geräte), JC Morrison als Konstrukteur der aktuellen Silbatone-Verstärkerträume (guckst du Berichterstattung vom letzten ETF) war vor Ort und der zweifellos entspannteste Mann der ganzen Messe in Gestalt von Jeffrey Jackson (einer der Betreiber des HiFi Heroin Blogs, siehe letztes Foto) auch. Großartige Truppe, ich hatte viel Spaß. Nirgends auf der Messe ging’s so locker und entspannt zu – kein Wunder, Mr. Chang und seine Mannen leisten sich diesen Auftritt nicht aus kommerziellen Beweggründen, sondern aus Spaß: Wenn’s den Besuchern gefällt, hat sich für sie der immense Aufwand gelohnt. Ich wage zu behaupten, dass das in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle so war, und deshalb wurden die Herren aus Asien auch von Tag zu Tag gelöster. Ich persönlich jedenfalls kann mich gar nicht genug dafür bedanken, so immens exklusive Gerätschaften einmal gehört haben zu dürfen.

Und ja, Mr. Chang und Joe Roberts, sein Mann fürs Internationale, versprachen ihre Präsenz auch auf der High End 2012, dann aber mal mit einem großen Lautsprecher 🙂 …

High End 2011

Rücksturz zur Erde. Komme gerade nach einer Woche München von der High End zurück und versuche, mich im realen Leben grob zu orientieren – das klappt noch nicht so ganz.

Ich darf aber schon mal sagen, dass das die beste High End seit sehr langer Zeit war und dass ich jede Menge zu erzählen und rund 25 Gigabyte Fotos mitgebracht habe.